Die Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen beschrieb gestern Abend die Stimmungslage, die vor fast dreißig Jahren während des Gladbecker Geiseldramas herrschte. Es war eine „Mischung aus Faszination und Entsetzen“, alle warteten vor dem Fernseher oder dem Radio auf jede neue Meldung und konnten „nicht glauben“, was sie sahen. „Es war unfassbar“, was in diesen drei Tagen zwischen dem 16. August 1988 passierte. Zwei Bankräuber nehmen Geiseln, holen eine Komplizin ab, um anschließend ungestört durch die Republik zu fahren. Sie kidnappen in Bremen einen Bus, geben Pressekonferenzen und Interviews. Sie erschießen auf einem Rastplatz einen Jungen, fahren in die Niederlande und werden erst am dritten Tag auf einer Autobahn in der Nähe von Köln von der Polizei gestoppt. Eine weitere Geisel wird bei dieser Aktion aus der Waffe eines Geiselnehmers getötet. Ulrich Kienzle war damals Chefredakteur von Radio Bremen.
„Hoffentlich kommen die nicht nach Bremen“, so beschrieb er bei die Stimmung in der morgendlichen Redaktionskonferenz des Senders. Es war schon am ersten Tag deutlich geworden, dass es sich in Gladbeck nicht mehr nur um einen missglückten Banküberfall mit anschließender Geiselnahme handelte. Hier begann etwas aus dem Ruder zu laufen, wenn auch noch niemand genau wusste, was eigentlich. Die Geiselnahme war innerhalb von Stunden zum bundesweiten Medien-Spektakel geworden. Polizei machte Geiselnahmen möglich Spätestens als die beiden Geiselnehmer mit ihren Opfern in Bremen ankamen, beschlich selbst unbeteiligte Bürger ein mulmiges Gefühl. Es schien, als könnten sie durch Zufall sogar in der eigenen Stadt und vor der eigenen Haustür auftauchen. Niemand schien sie daran zu hindern. Die Polizei wollte die beiden Gladbecker Geiseln schützen, daran hatte niemand einen Zweifel. Dadurch wurden aber gleichzeitig weitere Geiselnahmen möglich. Genau das geschah mit dem damals siebenjährigen Johnny Bastiampillai in dem gekaperten Bus. Er schilderte gestern Abend sein Unverständnis, warum so etwas ihm und seinen Leidensgenossen überhaupt passieren konnte. BürgeramtHier findest du Aktuelles für Gladbeck auf meinestadt.de. Das Wetter in Gladbeck - Wettervorhersage für heute, morgen und die kommenden Tage mit Wetterbericht und Regenradar von wetteronline.de. Wasserschloss Wittringen, Maschinenhalle Zweckel, Appeltatenfest - hier geht's zu den Nachrichten aus Gladbeck, der Stadt zwischen Ruhrgebiet und Münsterland. Sie waren sprichwörtlich unter den Augen der Polizei als Geisel genommen worden. Von zwei Bankräubern, die noch einen Tag vorher in einer von der Polizei umstellten Bank in Gladbeck festsaßen. So lässt sich auch diese „Mischung aus Faszination und Entsetzen“ erklären, von der Friedrichsen sprach. Es passierten lauter Dinge, die gar nicht hätten passieren dürfen. Natürlich hätte es die Polizei nicht zulassen dürfen, den kleinen Johnny so einem Risiko auszusetzen. Kienzle sprach daher vom „Staatsversagen“, gewissermaßen auf offener Bühne. In dem wird die Dramaturgie dieser Ereignisse eindringlich geschildert. Nur wusste damals niemand etwas von den Diskussionen in den Polizeistäben. Die Polizei erschien uns Zuschauern bloß als hilflos, wenn die Geiselnehmer Hans-Jürgen Rösner und scheinbar unbesorgt durch die Lande fuhren. Autor und Regisseur Kilian Riedhoff gaben sich alle erdenkliche Mühe, die Realität von einst so genau wie möglich nachzubilden, für die Hauptrollen „unverbrauchte“ Schauspieler einzusetzen und Lücken, die sich trotz der Fülle authentischer Bilder im Erzählfluss ergeben hätten, sinnvoll zu füllen. Das gelang ihnen bei den Auseinandersetzungen innerhalb der polizeilichen Einsatzkräfte (Stürmen oder abwarten?) erheblich besser als bei jenen Episoden, die dem Zuschauer das Privatleben der Opfer Silke Bischoff und Emanuele De Giorgi nahebringen sollten und sich dadurch hart am Kitsch bewegten. Dass der Rösner-Darsteller Mühe mit der Mundart hatte, gehörte zu den kleineren Schönheitsfehlern. Der mediale Wirbel, der den Zweiteiler begleitet, hängt weniger mit der einstigen Skrupellosigkeit der Verbrecher zusammen als mit der beispiellosen Präsenz, die das Geschehen schon 1988 vor allem durch die Fernsehbilder bekam. Und natürlich auch mit Medienvertretern, die den Verbrechern eine Bühne boten und sogar als Teilnehmer agierten. Ausstrahlungstermin wirft Fragen auf Plasbergs in der Talkshow vor einer Woche angestrengter Versuch, das Handeln jenes Reporters wenigstens zu verstehen, der mit ins Auto stieg, wirkte überzeugender als das Bemühen des einstigen Radio-Bremen-Redakteurs Ulrich Kienzle in der Maischberger-Sendung am Mittwoch, seine Verantwortung an eine andere Redaktion weiterzureichen. Die Art und Weise indes, in der sich die Talkshow-Gastgeber Giovanni di Lorenzo und Sandra Maischberger moralisierend über ihre Kollegen erhoben, hatte einen Beigeschmack des Wohlfeilen. Eine Frage, auf die es bis Donnerstag keine Antwort gab, war die nach dem Ausstrahlungstermin: Hätte der Zweiteiler nicht besser im August, am Jahrestag der Ereignisse, gezeigt werden sollen als in zeitlicher Nähe zur Haftentlassung des Geiselnehmers Dieter Degowski? Dass der Anwalt des weiterhin einsitzenden Hans-Jürgen Rösner den Film als „schablonenhaft“ bezeichnet, dürfte die Zuschauer weniger interessieren. . Eine rote Ampel, unbeantwortete Telefonanrufe, freies Schussfeld, ein abgebrochener Schlüssel – die ARD zeigt die unglaubliche Geschichte des Geiseldramas und B.Z. Liefert die Hintergründe. Brandenburg und H.-J. 54 Stunden Geiseldrama in 180 Minuten. Am Donnerstag, 20.15 Uhr, läuft in der ARD der 2. ![]() BürgerserviceTeil von „Gladbeck“. Und noch immer sind viele Fragen offen: Der Film zeigt den makaberen Einkaufsbummel von Rösner (Sascha Alexander Gersak) und seiner Komplizin Löblich (Marie Rosa Tietjen) (Foto: ARD) Ging Rösner tatsächlich mit offen getragener Pistole in der Bremer Innenstadt shoppen? Ja, der unter Aufputschmitteln und Alkohol stehende Geiselnehmer war für fast eine Stunde mit Komplizin Löblich einkaufen. Für Degowski kauften sie eine Lederjacke, für Rösner ein T-Shirt mit der Aufschrift „Commander“. Verhinderte eine rote Ampel, dass der Bus vor den Entführern wegfahren konnte? Busfahrer Wolfgang Schweickart (damals 36) hatte Rösner und Degowski mit ihren Pistolen fuchtelnd auf den Bus zukommen sehen, gab deshalb Gas. Aber weil die Ampel an der nächsten Kreuzung rot wurde, blieb er stehen und der Bus wurde gekapert. Hat Degowski wirklich gepinkelt und die Geiseln allein im Auto gelassen? 250 Meter entfernt wartete ein Sondereinsatzkommando vergeblich auf den Einsatzbefehl, obwohl ein Polizist das Geisel-Auto beobachtete. Hatte die Polizei tatsächlich freies Schussfeld? In der Deutsche-Bank-Filiale in Gladbeck stehen die Geiselnehmer Rösner und Degowski am Morgen des 16. August immer wieder weit ab von den Geiseln. Doch die Polizisten werden angewiesen, nicht einzugreifen. Ging tatsächlich niemand bei der Bremer Polizei ans Telefon? Am Busbahnhof Huckelriede in Bremen versuchen die Geiselnehmer, Telefon-Kontakt zum Verhandlungsteam der Polizei aufzunehmen. Doch in der Polizeizentrale nimmt niemand ab. Folge: Rösner und Degowski kapern einen Bus der Linie 53 mit 27 Geiseln an Bord. Starb der Junge, weil ein Schlüssel abbrach? An der Raststätte Grundbergsee bei Bremen wird Marion Löblich beim Toilettengang verhaftet. Die Geiselnehmer wollen Löblich zurück, drohen, Geiseln zu erschießen. ![]() Ein Ultimatum verstreicht, weil Löblich von weit her zurückgefahren werden muss und mit Handschellen ans Auto gefesselt ist. Beim Öffnen der Handschellen bricht Beamten der Schlüssel ab. Folge: Dieter Degowski erschießt den 15-jährigen Emanuele de Giorgi. Er verblutet, weil die Polizei im Verfolgertross einen Notarzt-Wagen vergessen hat. Welche Folgen hatte das Polizeiversagen politisch? Bremens Innensenator Bernd Meyer trat nach dem Drama zurück. NRW-Innenminister Herbert Schnorr blieb trotz aller Pannen im Amt.
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Agosto 2019
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